Das bessere Leben beginnt im Kopf
Der Mann der glücklich sein wollte, Gounelle
Nie scheint alles was wichtig ist in den Tag zu passen und (spätestens) am Ende des Jahres stellt man fest, dass man wieder zuviel Stress und Hektik hatte; und zu wenig Zeit für die Partnerschaft, die Familie, die Freunde, die Erholung und sich selbst. Persönliche Projekte und Träume konnten nicht angepackt oder zu Ende gebracht werden.
Auch die amerikanische Autorin Elaine St. James konnte ein Lied davon singen:
Mein Leben wurde durch einen Terminkalender aus schwarzem Leder bestimmt, der fünf Pfund wog und meinen halben Schreibtisch einnahm. Mein Tag wurde durch die klassische Frage nach den Prioritäten bestimmt: "Wie verwende ich meine Zeit am besten?" S.15

Trotzdem war sie im Alltag als Immobilien- und Anlagenmaklerin komplett überfrachtet. Im Eiltempo jagte sie von morgens bis abends durch die Tage und erledigte ihren Job, der "niemals meine Seele gewärmt hat". Sie wurde eine ziemlich typische berufstätige Frau auf der Überholspur, schreibt sie, gestresst und unzufrieden.

Inspirationen zu einem mutigen Leben mit Tiefgang & Weitblick
Ausgabe 5/2-2023

Laurent Gounelle - Der Mann der Glücklich sein wollte
Elaine St.James erzählt in ihrem vergriffenen Buch, "In Einfachheit leben", wie sie den Weg in ein anderes Leben begann:
Die Götter müssen mir im Sommer 1990 zugelächelt haben. Mitte Juli hielt ich für fünf Minuten lang in der Arbeit inne und schaute in einem ruhigen Augenblick meinen Terminplaner an, als würde ich ihn zum ersten Mal sehen. Als ich die Liste all der Telefongespräche, die ich führen musste, der Leute, die ich treffen musste, Orte, an die ich fahren musste und Dinge, die ich tun musste, durchsah, ging mir plötzlich ein Licht auf. Ich erkannte, dass mein Leben zu kompliziert gworden war, und fasste genau dann und dort den Entschluss mit dem Vereinfachen zu beginnen. S. 16
Ihr Ziel: die Arbeitszeit auf 6-8 Stunden pro Tag reduzieren, Platz für ihre kreativen Projekte zu finden (Buch schreiben, zeichnen, herumwerkeln) und Zeit für die Familie und Freunde haben.

1. Schritt: Die wichtigste Frage
Eine erste wirkungsvolle Massnahmen, um das eigene Leben zu vereinfachen ist leicht und unspektakulär. Es ist nur eine Frage, die sich Elaine St.James bei allen Entscheidungen und alltäglichen Aufgaben stellt:
Macht es mein Leben einfacher?

Doch Achtung, die Antwort ist oft nicht so leicht wie wir denken.
Oberflächlich betrachtet mag etwas unser Leben vereifachen, weil wir dadurch Zeit sparen. Aber Zeitersparnis heisst noch nicht, dass das Leben einfacher wird. Das zeigt sich auch an all den "zeitsparenden" Geräten, die wir heute haben:
Noch nie hatten Haushalte so viele Apparate, die uns Arbeit abnehmen und doch hatten wir noch nie so wenig Zeit (Elaine St.James S. xx)
Es gilt also herauszufinden, was unser Leben wirklich vereinfacht, was für uns wirklich positiv und wichtig ist. Und alles andere nach und nach aus unserem Leben zu entfernen.
Doch wie findet man heraus, was wichtig ist?
2. Schritt: Zeit finden - so geht's
In unserem Alltag erscheinen uns alle Dinge wichtig, obwohl sie es in Wirklichkeit gar nicht sind. Wir sind oft "zu nah dran". Um das zu merken, brauchen wir Abstand vom alltäglichen Leben und müssen etwas Revolutionäres zu tun:
nachdenken... 🙂

Ich habe keine Zeit mehr - warum eigentlich?
...und immer wieder nachdenken.
Wozu?
Um sich zu fragen:
- Was will ich wirklich?
- Was sind meine tatsächlichen Bedürfnisse und Wünsche?
- Was denke ich, müsste mich glücklich machen, tut es aber nicht
- Was macht mein Leben kompliziert?
- Was möchte ich in meinem Leben einfacher haben?
Pausentaste drücken, um wieder Zeit zu haben
Weil es im Alltag schwierig ist klare Gedanken zu fassen und sich mit sich und dem was einem wirklich etwas bedeutet auseinander zu setzen, rät Elaine St. James - wenn immer möglich-, sich ein 4-tägiges Wochenende (alleine!) zu gönnen,

um wieder einmal Abstand zum Alltag zu bekommen. Die ersten 1,5 Tage seien nötig um "runter zu kommen". Die restliches Zeit wird genutzt, um auf die obigen Fragen erste Antworten zu finden.
Ein Gewinn wird dieses Nachdenken allerdings nur, wenn man sich klar macht, dass man mit der verfügbaren Zeit realitistisch umgehen muss und dass jede Entscheidung für etwas auch eine Entscheidung gegen etwas ist.
Elaine St. James schlägt vor sich auf 4-5 Prioritäten zu konzentrieren und sich klar zu machen, dass mehr zu viel ist.
3. Schritt: Dran bleiben
Nach dieser Auszeit, beginnt man einerseits mit der Umsetzung, der ersten Vereinfachungen im eigenen Leben, und man nimmt sich weiterhin Zeit, um sich klar zu werden, wie man sein Leben noch stärker vereinfachen kann.
Dieses Zeit-Nehmen ist für viele Menschen ein Problem. Denn wir meinen, dafür keine Zeit zu haben. Dabei haben wir keine Zeit, weil wir uns nicht die Zeit nehmen, um eigene Prioritäten zu setzen.
Was tun?
Ich finde die Bulletjournal-Technik sehr hilfreich. Sie leitet dazu an mit einem kleinen täglich Ritual Zeit fürs Reflektieren zu nehmen, Ablenkungen zu entlarven und zu prüfen, ob man auf dem gewünschten Kurs ist.
Zu diesem Thema entwickle ich gerade einen Online-Kurs und werde weiter darüber berichten. Erste Infos vom Begründer Caroll Ryder gibt es auf seiner Website https://bulletjournal.com/

Den Vorteil des "sich begrenzens" habe ich auch schon im letzten Blogbeitrag thematisiert. Barry Schwartz ermutigte uns Satisficer statt Maximierer zu sein: also nicht das Besseres zu suchen, obwohl man schon das Gute hat:
Auch daraus liessen sich Methoden zur Vereinfachung des Lebens finden, um wieder Zeit zu haben:
- sich nicht mit Problemen befassen, für die es bereits eine Lösung gibt. Eine noch bessere Lösung zu suchen bedeutet Zeit- und Energieaufwand - Lebenszeit.
- die Auswahlmöglichkeiten in vielen Lebensbereichen begrenzen: zum Beispiel sich für den Kleidereinkauf auf 3 Geschäfte beschränken.
- Für den Lebensmitteleinkauf in ein kleines Geschäft gehen, wo es nur 5 statt 50 Sorten Marmelade gibt.
- für die nächsten Ferien nicht alle Ansprüche erfüllen wollen, sondern nur die wichtigsten zwei.
Um ein Satisficer zu werden, müssen Sie sich allerdings jedes Mal, wenn sie vor einer Entscheidung stehen, über ihre Ziele und Ansprüche klar werden und genau definierte Massstäbe festlegen für das, was "gut genug" ist. Zu wissen, was gut genug ist, setzt voraus, dass Sie sich kennen und wissen, was Ihnen am Herzen liegt.
Und auch Friederun Pieterski weiss, wofür man keine Zeit einsetzen sollte:
Wenn Sie sich einer Sache sicher sind, fragen sie nicht lange herum! Es ist schade um die Zeit. Wenn Sie aber nicht ganz sicher sind, dann investieren sie Fragezeit, Bedenkzeit.
Aus: "Vom natürlichen Umgang mit Zeit", Friederun Pieterski und Renate Habinger

Zeit sparen führt zu Zeitnot!
Wer nur noch für die Zukunft lebt, vergisst die Gegenwart und mit ihr das, was sie so lebenswert macht: die Sinnlichkeit, die Leidenschaft, das Gefühl für Zeit.
Aus: "Vom natürlichen Umgang mit Zeit", Friederun Pieterski und Renate Habinger
Zitate und Textauszüge aus dem (Hör-)Buch Michael Ende's "Momo"
Strassenkehrer Beppo: Eile hilft nicht
Er fuhr jeden Morgen lange vor Tagesanbruch mit seinem alten, quietschenden Fahrrad in die Stadt zu einem großen Gebäude. Dort wartete er in einem Hof zusammen mit seinen Kollegen, bis man ihm einen Besen und einen Karren gab und ihm eine bestimmte Straße zuwies, die er kehren sollte.
Beppo liebte diese Stunden vor Tagesanbruch, wenn die Stadt noch schlief. Und er tat seine Arbeit gern und gründlich. Er wusste, es war eine sehr notwendige Arbeit.
Wenn er so die Straßen kehrte, tat er es langsam, aber stetig: Bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen Besenstrich.
Schritt – Atemzug – Besenstrich. Schritt – Atemzug – Besenstrich.
Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte nachdenklich vor sich hin. Und dann ging es wieder weiter:
Schritt – Atemzug – Besenstrich.

Während er sich so dahinbewegte, vor sich die schmutzige Straße und hinter sich die saubere, kamen ihm oft grosse Gedanken:
"Siehst du, Momo", es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man.
Und dann fängt man an, sich zu beeilen. Und man eilt sich immer mehr.
Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum Schluss ist man ganz ausser Puste und kann nicht mehr. Und die Strasse liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen."
"Man darf nie an die ganze Strasse auf einmal denken, verstehst du?
Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten.
Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein."
Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie und man ist nicht ausser Puste.
Das ist wichtig."
(aus Momo von Michael Ende)
Coiffeur Fusi: Die Zeit die mir auf diese Weise übrig bleibt, was soll ich mit ihr machen? Muss ich sie abliefern und wo?
Grauer Herr: Das überlassen Sie ruhig uns. Sie können sicher sein, dass uns von ihrer eingesparten Zeit nicht das kleinste bisschen verloren geht. Sie werden es schon merken, dass ihnen nichts übrig bleibt.
der graue Herr von der Zeitsparkasse in Momo
So wie ihr Augen habt, um das Licht wahrzunehmen, so habt ihr ein Herz, um damit die Zeit wahrzunehmen. Und alle Zeit, die nicht mit dem Herzen wahrgenommen wird, ist verloren.
Meister Hora in Momo
Schon gewusst?
Die Kartäusermönche lehrt man während ihrer Zeit als Novizen sich beim Schliessen einer Tür umzudrehen und behutsam die Klinke herunterzudrücken ohne die Tür ruckartig zuzuziehen oder gar ins Schloss zu werfen.
Warum lehrten sie das so?

Damit Sie lernen sich für alles die erforderliche Zeit zu nehmen. Damit Sie lernen eine Sache nach der anderen zu tun, um sie das Mass, die Geduld und die Ruhe zu lehren und jene Achtsamkeit die sie jede Geste bewusst tun lässt.
Wie schliesst Du eine Tür hinter Dir zu?
Lässt Du sie angelehnt? Machst Du sie leise zu oder mit einem Knall?
Auszug aus dem Hörbuch
"Das Erwachen der Seniorita Prim" von Natalia Sanmartin Fenollera


Zeit um glücklich zu sein
Das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden ist das Um und Auf einer gelungenen Zeiteinteilung. Sich auf das zu beschränken, was zählt, ist eine Fähigkeit, die man nicht von heute auf morgen erlernt, aber eine der wirksamsten Techniken auf dem Weg, Zeit für sich selbst zu gewinnen.
Aus: "Vom natürlichen Umgang mit Zeit", Friederun Pieterski und Renate Habinger
Mach du das!
Ein Weg, um sich zu entlasten und Zeit für sich selbst zu finden ist auch: Arbeit abzugeben. Alles was andere in Heimarbeit für uns erledigen können, passt auf die Plattform "Mach du das!"

Nun wünsche ich Dir, dass es Dir mit diesen Inspirationen gelingt öfters Zeit für Dich zu NEHMEN, um immer häufiger Zeit zu HABEN.

Themen des nächsten "Alltagszauber"
Nr. 5, Februar 2023: Das bessere Leben beginnt im Kopf
Nr. 6, März 2023: Mit der "Nein-Challenge" innere Grenzen sprengen
Nr. 7, April 2023: Ja-sagerIn werden und besser leben
Newsletter Alltagszauber, 4/1-2023
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