Glückstipp 4: Halt haben
Sicher ist, dass nichts sicher ist, selbst das nicht.
Joachim Ringelnatz (1883 - 1934), eigentlich Hans Bötticher, deutscher Lyriker, Erzähler und Maler
Eines spüren wir in dieser Coronavirus alle: dass es die Sicherheit, die wir bisher hatten, nicht mehr gibt. Auf einen Schlag ist die frühere Basis unseres Leben unter uns weggebrochen. Keiner von uns weiss, ob eher schöne oder eher unangenehme Überraschungen hinter der nächsten Ecke auf uns warten.
Kraft für ungewisse Zeiten
Woher können wir die Kraft nehmen, um mit dieser Ungewissheit klar zu kommen und uns den Herausforderungen positiv und mutig zu stellen?

Wir holen uns die Antwort aus Wien. Ehrlich 🙂
Vor Jahren hielt ein 43-jähriger Arzt und Neurologe in Wien Vorträge darüber, was Menschen in widrigsten Lebenssituationen Halt geben kann. Seine Gedanken waren revolutionär. Er behauptet, dass Menschen physisch überleben können, solange sie innerlich nicht zerfallen.
Er war kein Theoretiker, kein Besserwisser und kein billiger Vertröster. Er hatte alles Recht diese Vorträge zu halten, denn seine Erkenntnisse basierten auch auf persönlicher Erfahrung:
- Als er 41 alt war, wurde er in ein Konzentrationslager abtransportiert. Jahre harter Strafarbeit folgten. 70 Stunden pro Woche wurde körperlich schwer gearbeitet. Der Lohn pro Tag war ein Schüsselchen wässrige Suppe am Abend. Im Glücksfall liess sich darin ein Stück Kartoffel finden.
- Schon bei der Ankunft im Lager wurde sein Lebenswerk mutwillig zerstört: sein Manuskript, in dem er alle seine Forschungsergebnisse festgehalten hatte. Natürlich hatte er noch Vieles im Kopf. Aber im Moment der Zerstörung wurde alles was er bisher erarbeitet hatte vernichtet.
- Seiner Frau und seiner Lebensaufgabe zuliebe wollte dieser Mann das KZ überleben. Er hielt durch. Doch als er aus dem Lager befreit wurde, erfuhr er, dass seine Frau nicht mehr lebte. Auch seine Familie und viele Freunde waren umgekommen. Er schrieb einem seiner Freunde, diese Zeit nach dem KZ sei noch schlimmer, als die Zeit im KZ selbst.
Was uns am Leben hält
Dieser Mann war der Arzt und Psychotherapeut Viktor Frankl. Er entdeckte, weshalb einige Menschen im KZ innerlich zerfielen und danach starben, während andere überlebten, obwohl das medizinisch gesehen unmöglich war.
Der springende Punkt sei, so erklärt Frankl, der Lebenssinn. Solange ein Mensch einen für ihn relevanten Grund findet, warum er weitermachen bzw. weiterleben soll, hat er genügend innere Kraft, um sich durchzuschlagen.
Dieser Lebenssinn kann sich, aus etwas nähren, das über uns selbst und das Leben hinausgeht. Viele religiöse Menschen - egal welcher Couleur - finden diese Art von Sinn in ihrem Leben.
Doch auch die Hoffnung in die Zukunft, schützt einen Menschen vor dem inneren Verfall.
"Wie kann man gerade in unsicheren und widrigsten Umständen auf eine gute Zukunft hoffen?" fragst Du Dich. Dafür sei es wichtig, so Frankl, keine Fragen an das Leben zu stellen, also nicht danach zu fragen: "Welchen Sinn hat das alles? Es sei viel hilfreicher, die aktuellen Ereignisse als eine Frage an uns zu verstehen: "Was erwartet das Leben von mir?"
Drei Quellen für Sinn
Auf dieser Basis werden Antworten möglich, die Sinn und Halt geben.

1. Eine "Aufgabe" als Quelle für Lebenssinn
Wir können so entdecken, dass es für unser Leben eine wichtige Aufgabe gibt. Frankl selbst hatte im KZ aus dieser Quelle geschöpft:
Er hatte beobachtet, dass einige Menschen Tag für Tag im KZ überleben, obwohl es ihnen aus medizinischer Sicht kein bisschen besser ging, als denen die starben. Frankl wollte diesem Rätsel auf die Spur kommen. Er wollte erkennen, was einen Menschen soviel Kraft gibt und stellte sich vor, das er darüber einmal Vorträge an der Volkshochschule halten werde.
Damit gab er sich die tägliche Aufgabe in die Beobachterrolle zu schlüpfen und Fakten und Erkenntnisse zu sammeln. Vorbei war es mit seiner Gewohnheit den ganzen Tag darüber nachzudenken, ob er am Abend in seiner Suppe ein Stück Kartoffel finden wird.
Unmittelbar nach der Rückkehr aus dem KZ, als es ihm noch schlechter ging als im KZ selbst, stürzte er sich in seine Tätigkeit als Arzt und Psychotherapeut. Schon kurze Zeit nach seiner Befreiung begann er seine Erkenntnisse aus dem KZ in Vorträgen zu teilen. Nach und nach erholte er sich und fand zurück in ein gutes Leben.
Das zeigt: Aufgaben können uns Halt und Kraft geben. Bedingung: sie müssen für uns selbst Sinn machen.
Im Zusammenhang mit dem Coronavirus haben viele Menschen darin einen Sinn gesehen für andere einkaufen zu gehen, Kinder zu hüten oder andere freiwillige Aufgaben zu übernehmen. Andere haben endlich Zeit für sich selbst gefunden. Andere haben endlich ihre 5000 Fotos sortiert. Ich selbst entdecke weiter die Welt - wenn auch im begrenzten Radius -. Das macht für mich in sich Sinn, auch wenn ich nicht genau weiss warum. Und ich schreibe, hoble und feile an meinem Buch was das Zeug hält.
Wenn wir Aufgaben finden, die für uns Sinn machen, ist das mehr als nur eine Ablenkung von den äusseren Umständen. Es ist ein Lebenselixier.
2. Liebe als Quelle für Lebenssinn
Auch die Zuwendung zum anderen Menschen kann uns den Sinn in unserem Leben spüren lassen. Jeder der in seinem Leben für ein Kind Verantwortung übernommen hat, weiss, dass es ihm selbst gut tut, wenn er seine Liebe und Zuwendung verschenkt.
Doch es gilt auch: wenn andere uns erleben lassen, dass wir für sie wichtig sind, gibt uns das das Gefühl es habe einen Sinn, dass wir da sind. Also machen wir weiter.

3. Sinnliche Erlebnisse als Quelle für Lebenssinn
Ebenso erleben wir unser Leben als sinnvoll, wenn wir Schönes erleben. Das klingt vielleicht etwas banal. Aber Frankl zeigt an einem Beispiel, dass ein sinn(!)liches Erlebnis, also etwas was für unsere Augen, Ohren, Nase, Gaumen oder unsere Haut eine Wohltat ist, zu dem Gefühl führt, das Leben mache Sinn:
Nehmen wir an, Du hörst gerade Deine Lieblingsmusik und genau an der Stelle ... Du weisst schon .. bei diesem geliebten Gitarrensolo zum Beispiel... bei dem eine Welle des Wohlgefühls durch Dich strömt ... genau in diesem Moment, tippt Frankl Dir auf die Schulter und fragt, ob Du findest das Leben mache Sinn... Was wäre Deine Antwort?
Zu erwarten ist, so Frankl, dass Du in diesem Moment nichts anderes sagen wirst, als dass jetzt gerade das Leben sehr viel Sinn macht.
Nicht anders ergeht es uns, wenn wir Schönes erleben im Zusammenhang mit Kunst, Natur oder in der Begegnung mit Menschen.
Ich persönlich habe das Gefühl, dass sich die vielen schönen, sinnlichen, wunderbaren und verwunderlichen (Natur-)Erlebnisse und Begegnungen in meinem Leben irgendwie in mir ansammeln. Dieser ganze Reichtum dieser Welt lässt mich erwartungsvoll auf die nächsten Herausforderungen zugehen.

Wer den Sinn findet, ist für alles gewappnet
Wenn wir also nicht danach fragen, welchen Sinn das hat, was gerade auf uns einstürmt, sondern den Sinn in einer dieser drei Quellen finden,
".. dann, kann uns nichts mehr schrecken. Keine Zukunft, keine scheinbare Zukunftslosigkeit. Denn nun ist die Gegenwart alles ... Was jedoch in der Zukunft auf uns wartet, brauchen wir eben so wenig zu wissen, wie wir es wissen können." *
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Liebe Daniela
Wie geht es dir? Mir kommt es so vor, dass du länger keinen Newsletter geschickt hast und ich zugebe, dass ich ihn vermisse. Deine Berichte waren für mich stets sehr inspirierend und ich habe für mich tolle Umsetzungen realisieren können, habe oft an dich gedacht und wie du dein Leben verändert hast. Ich hoffe ganz fest, dass es dir gut geht. Herzliche Grüsse, Suzanne