Im Januar 2018 ging ich ins Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos, um als Freiwillige zu helfen wo immer es möglich und nötig ist.
Vor der Abreise versuchte ich herauszufinden, ob ich für die Flüchtlinge etwas Nützliches aus der Schweiz mitbringen kann.
Auf der Liste der Hilfsorganisation (Remar) standen: Kleider, Decken, Geld. Doch während des Aufenthaltes im Flüchtlingslager lernte ich, dass noch viel mehr alltägliche Dinge gebraucht werden können.
Was nicht leicht zu verteilen ist
Hingegen war es schwierig, die Kleider, Schuhe, Decken und das Spielzeug abzugeben, die laut Information, gerne genommen werden, denn
- Meine Schweizer-Kollegin Ursula bezahlt am Flughafen eine Menge für das zusätzliche Gepäck und hatte ordentlich zu schleppen.
- im Lager selbst gab es in Moria niemanden der die Verteilung von Kleidern organisierte. Als wir bei der Lagerverwaltung nachfragten, diskutierte das griechische Büroteam (genannt «bureau de question») ratlos. Das Personal blieb bei der «question» stecken und fand die Antwort nicht.
Man schlug uns dann vor, ein Formular auszufüllen, damit eine Abteilung, die andere fragen könne und der Leiter des Lagers im Bilde sei. Wir lehnten dankend ab.
Waren wir nicht in einem Flüchtlingscamp in dem die Menschen ohne Schuhe und mit mangelhafter Kleidung herumliefen? Existiert das Lager nicht schon über 2 Jahre?
Man hätte meinen können, wir wollen Goldbarren verteilen…
- im Camp locken begehrte Artikel immer mehr Flüchtlinge an (wir erlebten das mit Luftballons, Orangen und Tomaten). Zuerst scheint es ganz harmlos. Wird man aber von 3 oder 4 Flüchtlingskindern bedrängt, die alle einen Ballon haben wollen, ist es bald der Helfer, der die Flucht ergreifen muss. Auch wenn es «nur» Kinder sind: in so einer Situation entwickeln sie eine Energie, der man kaum Herr wird.
- es führt unter den Kindern zu Streit, wenn der eine etwas bekommt und der andere nicht. Von uns beschenkte Kinder wurden plötzlich zu den Gejagten ihrer Kameraden.
Was Du im Flüchtlingslager brauchen kannst
Die Kinder hatten im Lager so wenig Beschäftigung wie ihre Eltern. Kann man mit den Kindern Zeit verbringen, dann sind folgende Kleinigkeiten hilfreich und meist unproblematisch:
Zur Beschäftigung
- Farbstifte und Papier
- Klebestreifen und Leim (weil es kein Klebstreifen gab, haben wir sämtliches Heftplaster verbraucht um die Kinderzeichnungen aufzuhängen)
- Heftklammern, Schnur
- Schere und Taschenmesser (Achtung, diese sehr begehrten Artikel wurden bei uns sofort geklaut, wenn sie einen Moment unbeaufsichtigt waren)
- Haarspangen (idealerweise hat man auch noch etwas längere Haare, dann wird man bald in allen Varianten frisiert. Das begeistert die Mädchen.)
Lösungen für praktische Probleme
- Nadel und Faden
- Sicherheitsnadeln
Wir haben es nicht ausprobiert, aber ich bin sicher: mit Stoffresten und Wolle hätten die grösseren Kinder (und die Mütter?) eine Menge anfangen können. Die Kinder waren sehr geschickt in praktischen Sachen. Manches Loch in der Kleidung hätte geflickt werden können.
Gesundheit und Pflege
Für die Kinder war nichts selbstverständlich. Einem kleinen Jungen habe ich Niveacreme auf seine rauhen Hände verteilt. Er wusste nicht, was damit geschehen soll und machte grosse Augen als ich ihm die Hände eincremte und sorgfältig die Risse versorgte. Es war schön und traurig zugleich sein Erstaunen zu sehen.
- Pflaster (insbesondere Blasenpflaster), weil die Kinder zu kleine Schuhe haben
- Spray zum Desinfizieren kleiner Wunden
- Lippenpomade
- Desinfizierende Salbe
- Feuchtigkeitsspendende Creme
- Socken
- Handschuhe (Plastikhandschuhe für die Hygiene und wollene für die kalten Hände)
- Pulswärmer (ich hatte meine selbstgestrickten, hellblauen, wuscheligen dabei. Sie waren heiss begehrt.)
Kleine Überraschungen
- Knabberzeug und Gummibärchen
Achtung, die Kindern erinnern sich am nächsten Tag daran und betteln dauernd, wenn man ihnen nicht beweisen kann, dass die Taschen leer sind. An vereinzelten Tag eine Handvoll Naschzeug mitnehmen ist die beste Lösung. So kann man einer kleinen Gruppe etwas schenken und gleichzeitig vermeiden, dass die Flüchtlingskinder denken es sei jeden Tag etwas für sie in den Taschen.
Beliebte Beschäftigungen
- Fingerfiguren (mit dem Filzstift ein Gesicht auf den Finger malen und so Theater spielen)
- Scherenschnitt (zum Beispiel eine Personen- oder Baumreihe)
- Flugzeuge falten und fliegen lassen
- Hüte und Schiffe falten
- Alle Arten von Bewegungsspielen, sowie Zaubertricks
Ich hoffe, dass Du diese Liste für Deinen eigenen Einsatz als Freiwillige(r) in einem Lager brauchen kannst.
Wenn Du eine Person kennst, die nächstens einen Einsatz macht, dann teile mit ihr diese Liste. Vielleicht nützen ihr diese Informationen.