Stell‘ die richtigen Fragen
“Eine gute Frage ist die halbe Antwort”,
so wird der Autor Wolfgang Zielke zitiert.
Ebenso gilt:
eine falsche gestellte Frage verhindert, dass wir die gesuchte Antwort finden.
Im Extremfall führt sie uns in ein Gewirr an Wegen und Möglichkeiten.
In ein Labyrinth.
Auf höchst amüsante Weise zeigt dies die Geschichte vom deutschen Touristen, der von der Station Zytglogge in Bern nach Worb reisen will.
Er spricht einen Mann mit der Frage an:
“Ah, eh erlaubet Sie mal. Sie sind doch sicher en Einheimische, gell?”
Der Einheimische fragt misstrauisch zurück, wie der Deutsche das meine. Ob er etwas dagegen habe, dass er ein Berner sein.
So kommt er nicht zur Information die er haben will, erkennt der deutsche Tourist.
Er fragt also: “Sie könne mir doch sicher sage: Wann fährt der nächschte Omnibus nach Worb?”.
“Nie!” antwortet der Einheimische.
Der Deutsche erfährt, dass es keinen Omnisbus nach Worb gibt.
Ach du meine Güte! seufzt er und fragt “Ja, sage sie mal, kame nach Worb auch gehe?
“Ja we me wott cha me scho” (wenn man will kann man schon) antwortet der umständliche Schweizer ganz logisch.
Wieder ist der Deutsche keinen Schritt weiter.
“Sie verstehe mich falsch”, versucht er es erneut “ wie lang geht me denn da?
“Ja gäuet,“ antwortet der Schweizer „je nach däm wie eine geit. We eine langsam geit de het dä natürlech e chli lenger weder eine wo gleitiger geit.“
(wenn einer langsam geht, geht er natürlich etwas länger, als einer der schnell geht).
Das ergebnislose Gespräch lässt den Touristen fast verzweifeln.
Entnervt fragt er: “Gesetzt der Fall: Sie müessten nach Worb gehe. Wie würde Sie gehen?”
“Ja, da würde ich nicht gehen, da würde ich…fahren” antwortet der Einheimische und erklärt dem verblüfften Deutschen, dass zwar kein Omnibus nach Worb fährt, dafür aber ein Tram, genannt “das blaue Bähnli”.
Das sei allerdings gerade vor 2 Minuten abgefahren.
“Ah. Das sage sie mir erscht jetzt, dass des Blaue Bahnli fährt!” ruft der Deutsche konsterniert aus.”
“Ja, dir heit mi o gar nid derna gfragt!” (Sie haben mich nicht danach gefragt) wehrt sich der Einheimische.
Fragen, die Dir den Weg zu Deinen Lebenszielen öffnen
Wenn Du Deine ersten Herzenwünsche bestimmt hast, stellst Du Dir eine Menge Fragen.
Die Antwort ist möglicherweise nicht schwieriger als die Frage, wie man vom Zytglogge nach Worb kommt.
Aber wenn Du die Frage „falsch herum“ stellst, wie der deutsche Tourist, bekommst Du nicht die Antwort, die Dich weiter bringt.
Du stehst vor einer verschlossenen Türen – oder hochgezogenen Treppen.
Angenommen
- Du möchtest mit dem Fahrrad um die Welt fahren oder
- Du möchtest eine erfolgreiche Unternehmerin sein oder
- wie ich viele viele Menschen ermutigen ihr Leben in die Hand zu nehmen und es zu gestalten, statt zu ertragen.
Dann fragst Du Dich “Wie soll das gehen? Wie mache ich das?”
Dies scheint eine gute Frage zu sein.
Ist es aber nicht.
Bei vielen Menschen löst diese Art zu fragen eine Art Black-out aus.
1000 Herausforderungen stürmen auf uns ein.
Besonders die Frage danach woher das nötige Kleingeld kommt und wie der Traum mit einem Job kombinierbar ist, löst unlösbare Fragen aus.
Wir haben keine Idee.
Oder wir sehen (theoretisch) tausend Möglichkeiten, wissen aber nicht, wie (konkret) anfangen.
Das entmutigt uns.
Wenn wir nicht gleich aufgeben, erzählen wir vielleicht Freunden und Bekannten von unserem Wunsch und erhoffen von Ihnen Ideen zu bekommen.
In der Regel funktioniert das nicht besonders gut.
Tipps und Ratschläge können wir oft nicht auf uns selbst übertragen.
“Das funktioniert bei mir nicht”, denken wir, noch während unser Gegenüber uns Ideen liefert, weil wir unsere eigenen Rahmenbedingungen, Voraussetzungen und erlernte Strategien haben.
Der Weg der anderen ist ihr Weg.
Er lässt sich meist nicht kopieren.
Wir müssen unseren eigenen Weg finden.
ABER. Es gibt eine gute Nachricht.
Es gibt etwas Besseres als Tipps, Ratschläge und Anleitungen zur Frage “wie?”
Es gibt zwei gute Fragen.
Sie sind etwas vom Wertvollsten, das ich von John Strelecky gelernt habe*.
Sie wirken wie eine Zauberformel beim Finden von Lösungen.
Sie bringen Dich weiter, inspirieren und ermutigen Dich dran zu bleiben und das scheinbar “Unmögliche” zu verfolgen.
Du willst diese Fragen haben?
Okay – Trommelwirbel
…
Die Fragen beginnen mit dem kleinen entscheidenden Wort: “Wer…?”
Die erste Frage: Wer tut das bereits?
Wenn wir nicht fragen “Wie mache ich das?” sondern
- Wer ist mit dem Fahrrad schon um die Welt gefahren?
- Wer ist ein erfolgreicher Unternehmer?
- Wer ermutigt Menschen?
bringt uns das in Kontakt mit Menschen, die uns eine Vorlage für unser Projekt liefern oder gar unsere Vorbilder sein können.
Von ihnen erfahren wir, dass sie auch einmal mit ihren ersten Schritten angefangen haben.
Wir begegnen einem Menschen, der uns ziemlich “normal” scheint.
Ohne Zauberkräfte.
Dass er oder sie so ein Abenteuer geschafft hat, macht Mut, selbst wenn wir spüren, dass wir anders vorgehen möchten.
Auch diese Person hatte keine Sieben-Meilen-Stiefel an.
Sie ist Schritt für Schritt gegangen,
hatte erste Erfolgserlebnisse,
hatte sich geirrt oder verirrt,
fiel auf die Nase und –
fand den Dreh raus.
Das – so wird Dir klar – kannst Du auch: Schritt für Schritt Dein Ziel verfolgen.
Die Chancen stehen gut, dass
- es Dich inspiriert ähnlich oder gerade anders als diese Person vorzugehen
- Du gute Tipps bekommst, was Du berücksichtigen solltest
- diese Person jemanden kennt, der Dir bei bestimmten Fragestellungen helfen kann oder Dir Adressen zum Übernachtung nennen kann und… und… und…
Gangbare Wege werden sichtbar. Türen öffnen sich.
Der Unterschied zwischen der Frage: “Wie fange ich an?” und der Frage “Wer tut das bereits?” scheint genau so minimal, wie der Unterschied zwischen der Frage: “Wann fährt der nächste Omnibus nach Worb” zur Frage: “Gesetzt der Fall: Sie müessten nach Worb… wie würden Sie…?”
Und doch ist in beiden Fällen das Resultat ein völlig anderes:
Wenn ein Mensch Dir erzählt, wie er seinen Traum angepackt hat, dann entstehen in Deinem Kopf nicht 1000 Aufgaben, die angepackt werden müssten, sondern
- Bilder, wie so etwas gehen kann,
- Hoffnung, dass auch Deine kleinen Schritte Dich weiterbringen und
- Ideen, wie Du mit Deinen Voraussetzungen, Befindlichkeiten und Rahmenbedingungen weiterkommen kannst.
Die zweite Wer-Frage
Meine eigene “Wer-Frage” führte mich vor kurzem zu einem Buch von Christine Thürmer, der meistgewanderten Frau der Welt.
Als ich von ihren Wanderungen von Mexiko nach Kanada las, merkte ich bald, dass ich nicht wie sie 20-30 km am Tag laufen möchte.
Ich will laufen, um die Welt zu entdecken,
um die Eindrücke in mir aufzunehmen,
um mich inspirieren zu lassen von all dem Schönen und Erstaunlichen, von dem ich umgeben bin.
Ein 20km-Ziel hält mich davon ab, mich für 1-2 Stunden im Wald auf die Bank zu setzen, ihn anzuschauen und seine Geräusche, Farben und Gerüche zu geniessen.
Als ich diese Erkenntnis mit einer Freundin teilte, antwortete sie mir, als hätte ich ihr die zweite Version der „Wer-Frage“ gestellt:
„Kennst Du jemanden, der das tut, was ich tun möchte…?“
Sie erzählte sie mir von Erling Kagge der das Buch “Gehen. Weitergehen. Eine Anleitung” geschrieben hat. Der Autor packe das Gehen ganz anders an als Christine Thürmer, sagte meine Freundin.
- “Wir alle sind geborene Entdecker” las ich bald schon in Erling Kagges Buch und
- “zu gehen verschafft ein Gefühl von Freiheit. Es ist das Gegenteil von “schneller, höher, weiter” und
- “Jeder glaubt zu wissen, dass Zeit gespart wird, wenn man von einem Ort zum anderen statt acht nur zwei Stunden unterwegs ist. Ja, mathematisch ist das sicher korrekt, aber meine Erfahrung ist eine andere: die Zeit vergeht rascher, wenn ich das Tempo erhöhe“.
Mein Herz hüpfte vor Freude. Erling Kagge fasste in Worte, was ich gerade zun entdecken begann.
Da hatte ich also wieder einmal einen „Wer“ gefunden, einen Vorbild.
Die Folgen von Wer-Fragen
Kagge liess mich daran teilhaben wie er zum Nordpol und zum Südpol ging und wie er im Alltag das Gehen pflegt:
Manchmal geht er einfach ziellos vor die Haustüre, manchmal von A nach B, dann wieder stundenlang durch Städte, durch Museen…
Prompt löste sich durch seine Berichte meine dränge Frage “Wie mache ich das mit dem Wandern im Winter?”.
Ich begriff, es ist gar nicht so relevant wohin ich gehe.
Das Gehen an sich ist wichtig. Und das Entdecken.
“Gehen gibt dem Kopf Bodenhaftung” schreibt Kagge und zitiert wenig später Hippokrates, der vor den falschen Medikamenten der Ärzte warnte und betonte, dass kein Medikament besser sei, als einen Fuss vor den anderen zu setzen:
“Gehen ist des Menschen beste Medizin.
Diese Hinweise waren ein Geschenke für mich.
Wenn Du andere fragst, ob sie Menschen kennen, die etwas Ähnliches tun wie Du es willst, fällt Freunden und Bekannten ein, dass sie “um 7 Ecken” jemanden kennen.
Vielleicht rufen sie Dich ein paar Tage nach eurem Gespräch an, weil ihnen plötzlich einfällt, dass ihre Freundin eine Freundin hat, die eine Freundin hat, die eine Arbeitskollegin hat, die vor einem halben Jahr mit dem Fahrrad um die halbe Welt gefahren ist oder sie sind “zufällig” auf einen Blog oder ein Buch eines Rad-Weltreisenden gestossen.
Wenn Du einen Wer gefunden hast, versuche nicht sofort aus seinen Erlebnissen abzuleiten WIE Du selbst vorgehen könntest.
Lass seine Erfahrungen auf Dich wirken.
Beobachte ihn/sie.
Folge ihm/ihr.
Finde die Ähnlichkeiten zwischen Euch und die Unterschiede.
Das schärft Deine Vorstellung davon, wie Du vorgehen willst.
Die Strategie 8 um Deine Lebensziele zu finden – und nicht vorzeitig aufzugeben lautet:
Frage nicht “Wie kann ich meine Herzenswünsche verwirklichen”, sondern “Wer tut das was ich tun will bereits?” und „Kennst Du jemanden, der etwas Ähnliches tut, wie ich es tun möchte?“
* in John Strelecky, Wiedersehen im Café am Rande der Welt, S.84ff